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Ar­beit­szeit ist kün­ftig von Ar­beit­ge­bern zu er­fassen

Offenbach am Main 2022 September, 29

Al­les be­gann mit ei­nem Streit um die Kom­pe­ten­zen des Be­triebs­rats im Rah­men sei­nes ge­setz­lich vor­ge­se­he­nen Mit­be­stim­mungs­rechts vor dem Ar­beits­ge­richt Min­den (Be­schluss v. 15.09.2020 - Az.: 2 BV 8/20). Es en­de­te al­ler­dings mit ei­ner Grund­satz­ent­schei­dung zur Ar­beits­zeit­er­fas­sung vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt (Be­schl. v. 13.9.2022 - Az.: 1 ABR 22/21).

Ein Be­triebs­rat ei­ner voll­sta­tio­nä­ren Wohn­ein­rich­tung stell­te den Grund­satz der Mit­be­stim­mungs­tat­be­stän­de in Fra­ge, in­dem er von ei­nem ei­ge­nen In­itia­tiv­recht hin­sicht­lich der Ein­füh­rung ei­nes Zeit­er­fas­sungs­sys­tems aus­ging. Grund­sätz­lich fällt die­se An­ge­le­gen­heit un­ter den Mit­be­stim­mungs­tat­be­stand des § 87 Abs.1 Nr. 6 Be­trVG. Ob aber letzt­end­lich die ent­spre­chen­de Maß­nah­me er­grif­fen wird, steht in der frei­en Ent­schei­dung der Ar­beit­ge­ber­sei­te.

Die Ar­beit­ge­ber­sei­te ver­folg­te die Ein­füh­rung ei­nes sol­chen Zeit­er­fas­sungs­sys­tems und nahm fol­ge­rich­tig ent­spre­chen­de Ver­hand­lun­gen mit dem Be­triebs­rat auf. Nach meh­re­ren Ge­sprä­chen sah er je­doch von der Ein­füh­rung ab, was der Be­triebs­rat nicht ak­zep­tier­te.

In der ers­ten In­stanz wur­de ein In­itia­tiv­recht des Be­triebs­rats ab­ge­lehnt. Hier­zu wur­de eine äl­te­re Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Be­grün­dung her­an­ge­zo­gen (BAG, Be­schl. v. 28.11.1989, Az.: 1 ABR 97/88). Das zu­stän­di­ge Lan­des­ar­beits­ge­richt hin­ge­gen sah sehr wohl ein In­itia­tiv­recht des Be­triebs­rats in der Norm (Be­schl. v. 27.7.2021 - Az.: 7 TaBV 79/20). Zu ähn­li­chen Er­geb­nis­sen ka­men auch an­de­re Lan­des­ar­beits­ge­rich­te.

Dem er­teil­te nun das Bun­des­ar­beits­ge­richt eine Ab­sa­ge. Auf die Fra­ge, ob ein ent­spre­chen­des In­itia­tiv­recht des Be­triebs­rats be­stehe, kom­me es gar nicht an. Dies sei näm­lich nur dann von Re­le­vanz, wenn kei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung be­steht. Eine sol­che Re­ge­lung gibt es al­ler­dings in Form des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arb­SchG, wo­nach Ar­beit­ge­ber zur Si­che­rung des Ge­sund­heits­schut­zes für ge­eig­ne­te Or­ga­ni­sa­ti­on zu sor­gen und die er­for­der­li­chen Mit­tel be­reit­zu­stel­len ha­ben. Dazu ge­hö­re auch die Er­fas­sung der Ar­beits­zeit (Be­schl. v. 13.9.2022 - Az.: 1 ABR 22/21).

Die­se Ent­schei­dung kann nun­mehr weit­rei­chen­de Fol­gen ha­ben. Es zeich­net sich ab, dass in Zu­kunft eine voll­um­fäng­li­che Zeit­er­fas­sung durch­zu­füh­ren ist und da­durch auch ein Ende der von vie­len prak­ti­zier­ten Ver­trau­ens­ar­beits­zeit naht. In­wie­weit das Bun­des­ar­beits­ge­richt in zu­künf­ti­gen Ent­schei­dun­gen den Un­ter­neh­men ei­nen Er­mes­sens­spiel­raum hin­sicht­lich der Ar­beits­zeit­er­fas­sung zu­bil­ligt, bleibt ab­zu­war­ten. Der Ge­setz­ge­ber muss im Rah­men sei­nes bis dato nicht ab­ge­schlos­se­nen Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­rens zur Um­set­zung der EuGH-Vor­ga­ben aus 2019 die Rechts­auf­fas­sung des höchs­ten deut­schen Ar­beits­ge­richts be­rück­sich­ti­gen, um Rechts­si­cher­heit zu schaf­fen und kei­ne Re­ge­lungs­lü­cken of­fen zu las­sen.

Vas­si­li­os Mpou­ras

Rechts­an­walt

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