Immobilien- & Unternehmensberatung
Offenbach am Main • 2022 January, 28
Der BGH hat mit Urteil vom 12.01.2022 (XII ZR 8/21) zu der Frage, ob ein Mieter von gewerblich genutzten Räumen für die Zeit einer behördlich angeordneten Geschäftsschließung während der COVID-19-Pandemie zur vollständigen Mietzahlung verpflichtet ist, nicht allzu überraschend festgestellt, dass § 313 Abs. 1 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) grundsätzlich anwendbar, eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 S.1 BGB mangels Vorliegens eines Mangels allerdings ausgeschlossen ist.
Der BGH hat interessanterweise festgestellt, dass eine pauschale hälftige Verteilung des Risikos, wie dies durch einige Oberlandesgerichte ausgeurteilt wurde, nicht zulässig ist.
Vielmehr sind in jedem Einzelfall bezogen auf das jeweilige Geschäftslokal die konkreten Nachteile des Mieters durch die Geschäftsschließung zu ermitteln. Zu berücksichtigen ist dabei, welche Maßnahmen der Miete ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.
Da eine Vertragsanpassung nicht zu einem Übervorteilung führen darf sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile des Mieters zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der Pandemie bedingten Nachteile erlangt hat, soweit es sich dabei nicht nur um staatliche Darlehen handelt. Weiter sind die Kompensationsleistungen einer Betriebsversicherung des Mieters zu berücksichtigen.
Da es sich um Einwendungen gegen den Anspruch (Zahlung der Miete) handelt trägt der Mieter hierfür richtigerweise die Beweislast.
Ganz am Ende der Entscheidung kommt dann ein aus Sicht der Vermieter gefährlicher Satz des BGH: "Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist nicht erforderlich". Insofern reicht es, dass der Mieter im konkreten Einzelfall erhebliche pandemiebedingte Ausfälle belegen kann.
Schlussendlich stellt der BGH klar, dass bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen sind.
Im Ergebnis hat der BGH die Sache deshalb an das OLG zurückverwiesen mit dem Auftrag zur Prüfung, "welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte (Mieterin) hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, dass eine Anpassung des Mietvertrages erforderlich wird.
Im Ergebnis liegt damit der Ball erst einmal wieder im Feld des Mieters, der für eine Anpassung der Geschäftsgrundlage im konkreten Einzelfall ganz erheblich vortragen muss. Das befasste Gericht muss dann in jedem Einzelfall eine Feststellung unter Berücksichtigung der Interessen des Vermieters treffen, ob die Nachteile überhaupt eine Anpassung des Mietvertrages erforderlich machen und bejahenden falls, in welcher Höhe.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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